Kleine Ladewüsten machen auch durstig

Der Schauplatz: Die Oberrheinische Tiefebene, Ausläufer des Odenwalds, Beginn des Hessischen Rieds.

Zugegeben, es ist ein Problemgebiet: An drei Seiten umgeben von Nordbaden liegt ein Zipfel von Hessen, der hessische Blinddarm sozusagen. Vielleicht nicht in wirtschaftlicher, kultureller und soziologischer Hinsicht, aber definitiv für E-Mobilisten.

Wie sich das äußert?

Erstmal im Mangel von Lademöglichkeiten generell! Von Viernheim nördlich entlang der A67 mehr oder minder bis Darmstadt gibt es nur sehr vereinzelt Ladepunkte. Im unweit gelegenen Mannheim ist die Lage deutlich besser. Der hessische Appendix zwischen Lampertheim, Heppenheim und Viernheim ist dagegen endlos leer.

Natürlich könnte man einwenden, dass der Tesla Supercharger im nahen Hirschberg für die Teslarati und für alle anderen die beiden 320 kW-Allego-Supercharger im Rhein-Neckar-Zentrum (rote Markierung im Bild) ausreichen müssten. Das wäre vielleicht auch so, wenn sie funktionieren würden – was sie aber nicht tun. (Der Supercharger funktioniert hingegen schon…)

Einfach zu finden waren sie im Rhein-Neckar-Zentrum zudem nicht, die vermerkten Positionsdaten sind nicht ausreichend genau. Nach kurzer Suche auf dem Parkplatz eines ehemaligen Bauhaus-Baumarktes war klar, dass sie anderswo stehen mussten. Bei Dunkelheit wäre die Lokalisierung noch mühsamer geworden.

Eine der beiden Allego-Säulen war komplett funktionslos und natürlich hatte ich genau da als erstes eingeparkt. Die andere akzeptierte zwar meine Ladekarte und erlaubte die Auswahl von einem der beiden Ladeanschlüsse, aber mit keinem davon konnte der Ladevorgang gestartet werden.

Möglicherweise wollte die Säule nicht mit dem Tesla sprechen, immerhin sind diese Lader für 800 Volt-Systeme ausgelegt und deshalb geneigt, ausschließlich mit Porsche Taycans zu kommunizieren. Bei Allego sind alle vier Anschlüsse als gestört gemeldet und den Spinnweben nach zur urteilen bereits seit einer ganzen Weile.

Es blieb also die dritte Ladesäule, ein konventioneller 50 kW-Triple-Charger, die wir mit Erfolg aktivieren konnten. Dort sahen wir im Wegfahren das einzige andere E-Auto in der Gegend, einen Renault Zoe. Da wir das Auto aus der Ferne aber rasch wieder losfahren sahen, hatte es in diesem Fall möglicherweise am Typ 2-AC-Anschluss auch nicht geklappt.

Sieben Anschlüsse, wovon wohl nur ein einziger funktionierte: Das war der schlechteste Schnitt seit langer Zeit.

Blieben in Viernheim noch eine Ladesäule des lokalen Elektrohändlers (nur während der Öffnungszeiten, nur mit Karte aus dem Laden – die üblichen Hürden) und zwei Ladesäulen in einer Tiefgarage.

Für diese (und vier weitere) Lademöglichkeit musste man jedoch eine spezielle App aufs Smartphone installieren, um einen der Ladepunkte per Bluetooth aktivieren zu können. Doch Vorsicht, in der Garage selbst gibt es keinen Mobilfunkempfang und kein WLAN! Wer unvorbereitet kommt, muss einen kleinen Extraspaziergang an die Oberfläche und zurück mitnehmen. Das Aktivieren aus der Ferne war nicht möglich. Außerdem war die Ladedauer auf 3 Stunden beschränkt, auch wenn es die Parkdauer nicht ist. Das ist eine eher seltsame Kombination, mit der man nach einer Nacht in der Tiefgarage definitiv keinen vollen Akku haben wird, außer man kommt schon recht gut geladen an. Immerhin war der Ladestrom kostenlos, was man definitiv als positiv herausheben muss.

Weil nur eine dieser beiden Ladesäulen funktionierte, stand das Match zwischen Funktion und Versagen in Südosthessen unter dem Strich bei 9 zu 2. Nicht so gut also.

In der Informationssammlung der Stadt Viernheim gab es zum Zeitpunkt über die Themen Elektromobilität und Ladeinfrastruktur keinerlei Einträge. Kein Wunder also, dass wir wirklich nur ein einziges weiteres E-Auto in der Umgebung angetroffen haben.

Im Vergleich mit dem Projekt von Bäcker Schüren in Hilden zeigte sich der klare Unterschied, wieviel der engagierte Einsatz von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen ausmachen kann!
— Martin (martinguss.de)