Wenn Elektroautos Trauer tragen

Fast zwei Jahre lang haben sie das Ortsbild in Wolfsburg geprägt und die elektrifizierten Autoströme magisch angezogen: Die Flexiblen Ladesäulen in Wolfsburg. Nun ist die Zeit des Abschieds gekommen…

Sie haben zum Stadtbild gehört und man konnte sich kaum vorstellen, dass sie eines Tages verschwinden würden. Obwohl es immer klar war, dass es nur ein Gastspiel auf Zeit werden würde: 80 Wochen Einsatz war der Plan, einige wenige mehr sind es dann geworden.

Volkswagen hatte sie beschafft und dann der Stadt Wolfsburg zur weiteren Verwendung geschenkt. Ursprünglich hießen sie Mobile Ladesäulen und waren sie für den Einsatz bei Veranstaltungen vorgesehen, die aber Corona-bedingt niemals stattgefunden haben. Also wurden die Geräte in der Stadt verteilt: Sie standen bei Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und in Wohngebieten.

Auf jeden Fall haben die Betreiber schnell bemerkt: Die Nachfrage ist riesig! Innerhalb der ersten drei Tage nach der Installation waren sämtliche Ladesäulen leer und mussten eilig mit Stromanschlüssen zum Nachladen ausgestattet werden. Trotzdem konnte sie per CCS häufig innerhalb weniger Minuten entleert werden, Rotlicht war die Folge.

Mein erster Ladevorgang an einer Flexiblen Ladesäule fand übrigens am 29. November 2019 um 16:00 statt. Lange ist es her! Prompt hatte der Zoe sie damals abgeschossen – danach Dark Mode… Mein bisher letzter Ladevorgang erfolgte am 27. Juni 2021, an derselben Säule an der E-Tankstelle.

Häufig fand man die Flexible Ladesäule umringt von Ladewilligen vor, beliebter als beinahe alle Einrichtungen in Wolfsburg!

Erst spät habe ich gelernt, dass eine Flexible Ladesäule auch blau leuchten kann, nämlich während des etwa zweiminütigen Bootvorgangs. Eines Abends gelang es mir, diesen seltenen Zustand in Detmerode einzufangen.

Laut Wolfsburger Kurier wurden in 70.000 Ladevorgängen 930 MWh abgegeben. Bei einem Haushaltstarif von 30 Cent entspricht das etwa 280.000 Euro an Stromkosten, bei 4 Cent Gewerbetarif immerhin noch 38.000 Euro.

Mein Dank gilt allen Unternehmen, von denen die Flexiblen Ladesäulen unterstützt wurden – sie werden uns in bester Erinnerung bleiben! Nun ist dieses Wolfsburger Kapitel zu Ende und hoffentlich haben möglichst viele ihre KfW-geförderten Wallboxen mittlerweile installiert.

Außerdem denke ich mit Zuneigung an die e-Pyranha-App von Yannik Weißflog zurück, die das Wesen des Gratisstroms mit einem der gefräßigsten Schwarmtiere der Erde versinnbildlichte. Sollte das Verhalten von E-Mobilisten tatsächlich auf dieses Niveau sinken, sobald der Strom kostenlos ist? Diese Diskussion bei goingelectric lässt es vermuten 😉

Wer noch die letzte Vertreterin dieser kuriosen Lademöglichkeit besuchen möchte: Auf dem Parkplatz der Autostadt kann die Flexible Ladesäule noch bestaunt werden. Wer weiß, wie lange noch!

Adieu, Flexible Ladesäule – wir werden dein einladendes grünes Leuchten vermissen! Vielleicht tauchst du irgendwann wieder auf…

Ein Kommentar

  1. Ich hätte mir gewünscht das man dort EC-Kartenleser einbaut und damit mal deutlich macht wie irrsinnig dieser ganze Kartenwald ist. Wenn die DC-Kilowattberechnung wegen dem Eichgesetz zu aufwändig ist, dann eben einem Tarif nach Zeit. Ich bin eh der Meinung, dass der zur Verfügung stehende Parkraum in der Stadt, und gerade an Ladesäulen, das höherwertig Gut ist als der der Strom.

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