Oh Cadillac

Die Historie von General Motors war bereits beim Ford Explorer ein Thema. Mit Cadillac verbindet mich auch meine eigene frühe Automobilgeschichte, als ich zu Studienzeiten der Hälfte-Eigentümer eines rostzerfressenen Cadillac Eldorado des Baujahres 1974 war. Hier soll es jedoch um ein Elektroauto gehen, den Cadillac Lyriq, der auf Basis der General Motors-Premium-Elektroplattform Ultium gebaut ist.

Bei diesem Auto handelt es sich um einen Cross-Over, also ein Flach-SUV mit Fließheck.

Das Heck nimmt die Formensprache des wesentlich teureren Cadillac Celestiq (300.000 US-Dollar vor Optionen) auf, mit dem es sich die technische Plattform teilt.

Die Heckklappe ist groß und der Kofferraum relativ weitläufig, aber flach – kein echtes Transportwunder, doch das war wohl nicht das Ziel im Lastenheft.

Dass die Abdeckung der Verriegelung beim Ausstellungsfahrzeug bereits hart beschädigt war, verwunderte jedoch schon.

Die Designsprache muss man mögen, zumindest die Zonen des Klavierlacks sind kleiner als bei anderen Fahrzeugen.

Die Haifisch-Antenne ist nach wie vor nicht wegzubekommen und designmäßig in einem Buckel in der Heckklappe mitgezogen.

Das Cockpit ist konventionell gehalten, ein Mix aus größerem Bildschirm und einigen Tasten an der Mittelkonsole. Das Lenkrad ist eher klobig und wieder: Klavierlack!

Die Bedienung wird im Mietwagen-Geschäft keine Rätsel aufwerfen und das kann man mit Blick auf manche Pseudo-Innovation (z.B. dem Entfall des Blinkerhebels beim Tesla Model 3 Highland) durchaus gut finden.

Auch auf der hinteren Reihe geht es sehr konventionell zu, also tendenziell langweilig.

Immerhin gibt es einen V2L-Anschluss, das ist durchaus positiv zu bewerten. Er schafft jedoch nur 150 Watt. Für ein ganzes Haus reicht diese Leistung sicherlich nicht aus.

Bidirektionales Laden soll für die Ultium-Plattform erst später kommen, das gibt es in diesem Auto somit noch nicht.

Manche Details wirken jedoch sehr billig, beispielsweise diese Befestigung des Sicherheitsgurts, die so auch einem Dacia gute Figur machen könnte. Die untere Hälfte des Innenraums ist in Hartplastik gehalten, die im Showcar bereits einige Spuren abbekommen hatte.

Die Verarbeitungsqualität ist nicht ganz auf Top-Niveau, das hier ist immerhin das sorgsam gepflegte Ausstellungsstück in einem eigenen Ausstellungscontainer!

Der Motorraum sorgt für Interesse! Einen Frunk gibt es leider nicht, sondern lediglich ein Beauty-Cover, das auf dem Bild nicht zu sehen ist.

Mit dem markengeschützten Begriff „Regen on Demand“ ist nicht die spontane Befeuchtung der Insassen gemeint, sondern das einstellbare regenerative Bremsen. Denglish at its finest!

Die technischen Daten sind nicht berauschend, aber in Ordnung: 102 kWh Batteriekapazität, 190 kW Ladeleistung per DC-Ladung und immerhin ein 22 kW-Wechselstrom-Ladegerät. Die WLTP-Reichweite beträgt 530 Kilometer. Für eine Premium-Plattform Ultium sind die Leistungen allerdings eher am unteren Ende der Möglichkeiten und sind auch im teureren Modell Celestiq nicht wesentlich besser.

Da muss Cadillac noch nachlegen. Man könnte sich fragen, was in der Namensgebung nach „Ultium“ kommen könnte. Universium? Galaktium? Plusultium? Ultium+ oder gar Ultium „Next Generation“?

388 kW sind für die 2,8 Tonnen Gewicht kein Spitzenwert, aber zumindest keine dramatische Untermotorisierung. Anhängelast gibt es auch: 1,6 Tonnen sind möglich.

Alles in allem ist der Lyriq ein schwieriges Angebot für etwa 90.000 Euro, finde ich.

Es ist ein großes Auto mit durchschnittlichem Platzangebot, mittelmäßiger Technik, viel Hartplastik und durchschnittlicher Qualität beim Zusammenbau. Die Zielgruppe sind anscheinend die echten Cadillac-Fans mit geringer Kostenempfindlichkeit und dem Wunsch nach Elektromobilität.

Das werden in Europa absehbar nicht enorm viele sein.

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